Der Solothurner Josef Müller (1887–1977) kaufte 1907 im Alter von 20 Jahren sein erstes Gemälde, das im gleichen Jahr entstandene Bildnis Frieda Schöni von Cuno Amiet. Weitere folgten, darunter 1909 der erste Ankauf eines Bildes von Ferdinand Hodler, Eiger, Mönch und Jungfrau im Mondschein von 1908. Seine eigene kreative Begabung, der Unterricht bei verschiedenen Künstlern und eine unbändige Faszination für das Kunstgeschehen seiner Zeit machten ihn zu einem hingebungsvollen, weitsichtigen Sammler.
Neben bedeutenden Werkgruppen von Schweizer Künstlern wie Cuno Amiet, Hans Berger, Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodler oder Félix Vallotton umfasste die Sammlung auch Arbeiten von Paul Cézanne, Henri Matisse, Auguste Renoir, Georges Rouault oder Wassily Kandinsky. Gleichermassen hatte Josef Müller seine Sammeltätigkeit in den 1930er Jahren auf Antiken und Objekte aus Afrika, Indonesien, Ozeanien, Altamerika und Japan ausgeweitet. Sie traten in den Räumlichkeiten des Sammlers in einen Dialog mit westlicher Kunst.
Nach Lebensabschnitten in Genf und Paris kehrte Josef Müller 1943 in das familiäre Stammhaus in Solothurn zurück – und mit ihm seine bereits umfangreiche Sammlung, die er in den kommenden Jahren noch erweitern sollte. Zudem engagierte er sich in verschiedenen Gremien und von 1945 bis 1966 als Konservator am damaligen Museum der Stadt Solothurn, dem heutigen Kunstmuseum Solothurn. 1977 eröffnete seine Tochter Monique Barbier-Mueller (1929–2019) mit ihrer Familie das Musée Barbier-Mueller in Genf und machte so einen umfassenden Teil der Sammlung nicht-westlicher Kunst der Öffentlichkeit zugänglich. Zudem befindet sich eine vom Sammler erhobene Auswahl an Arbeiten in der Josef Müller-Stiftung am Kunstmuseum Solothurn.
Das anstehende 50. Todesjahr gibt Anlass für eine umfassende Publikation, die das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA) im Auftrag der Familie Barbier-Mueller erarbeitet. Thematische und biografische Aufsätze zeichnen darin aus verschiedenen Perspektiven Josef Müllers Werdegang und die Entstehung seiner Sammlung nach. Ein Glossar bietet eine Übersicht zu bedeutenden Arbeiten aus allen Sparten der Sammlung, ausgewählte Highlights daraus werden in Werkbesprechungen vertieft beleuchtet. Historische Fotografien und Quellentexte runden die Publikation ab und geben stimmungsvolle Einblicke in ein aussergewöhnliches Leben für die Kunst.