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Nachlass Ilonay und Johann von Tscharner

2013 und 2014 erhält SIK-ISEA Teilnachlässe des Künstlerpaares Ilonay (1889–1971) und Johann von Tscharner (1886–1946). Die Konvolute zählen insgesamt dreizehn Schachteln und enthalten diverse Dokumente, von Skizzenbüchern über Fotografien bis hin zu Korrespondenzen. Die umfangreichen Nachlässe ermöglichen einen tiefen Einblick in das Schaffen und Leben der Tscharners.

Fotografie von Johann und Ilonay von Tscharner, 1919 (Fotograf/-in unbekannt)

Porträt von Ilonay von Tscharner vor einem Gemälde, undatiert (Fotograf/-in unbekannt)

Aquarell von Ilonay von Tscharner mit Porträt von Johann von Tscharner, undatiert

Gruppenbild mit Johann von Tscharner und Künstlerfreunden, 1929 (Fotograf/-in unbekannt)

Studie eines männlichen Aktes von Johann von Tscharner, um 1913

Erste Seite aus dem Typoskript "Mein Weg zur Malerei, Plauderei v. 5.IV.55", biografische Aufzeichnung von Ilonay von Tscharner (3 Seiten), 5. April 1955

Johann von Tscharner ist als Sohn eines alten Bündner Geschlechts zur Welt gekommen, wächst jedoch in Russland auf. Nach einem abgebrochenen Philosophiestudium an der Universität Krakau besucht er die Schule des Künstlers Simon Hollósy in München. Zum Naturstudium reisen Hollósy und seine Schüler mehrere Male über den Sommer nach Ungarn. Bei einem dieser Aufenthalte lernt von Tscharner seine zukünftige Frau Ilonay, geborene Helene Spiegelhalter, kennen, die ebenfalls den Malunterricht besucht. 1908 heiraten sie. Es folgen sechs Jahre des intensiven, gemeinsamen Schaffens. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges lässt sich das Paar in Zürich nieder, wo es zunächst in ärmlichen Verhältnissen lebt. Es ist Han Coray zu verdanken, dass sich Johann von Tscharner als Künstler etablieren kann. In dem Sammler und Galeristen findet von Tscharner einen Mäzen, der ihm Ausstellungsmöglichkeiten bietet. Johann von Tscharners frühe Gemälde sind dem malerischen Stil Paul Cézannes und der Kubisten angelehnt. Das Spätwerk hingegen zeichnet sich durch stilisierte Figurenbilder aus, die zumeist seine Frau und Kinder abbilden, wobei die Gesichter der Porträtierten oftmals anonymisiert sind. Ilonay von Tscharner malt Stillleben, Landschaften und Bildnisse. Während Johann von Tscharner seiner Kunst intensiv nachgeht, nimmt sie die traditionelle Frauenrolle ein, da ihr Mann eine Berufstätigkeit seiner Frau ablehnt. Erst nach dem Tod ihres Gatten stellt sie ihre Bilder öffentlich aus.

In den Besitz von SIK-ISEA gelangt der Teilnachlass von Ilonay und Johann von Tscharner 2013. Dieser besteht hauptsächlich aus losen Skizzen, Skizzenmappen und -büchern Johann von Tscharners sowie Briefen von und an den Maler, zudem enthält er biografische Aufzeichnungen Ilonay von Tscharners und gesammelte Dokumente zu ihrem Werk. Hervorzuheben sind die grossformatigen Skizzen Johann von Tscharners, die sich von seinen klassischen Gemälden unterscheiden: Es handelt sich vorwiegend um Aktstudien, die von der abstrahierenden, reduzierten Bildsprache abweichen und die Gesichter der Dargestellten offenbaren. 2014 wird der Bestand um eine Schenkung der Tochter des Paares aus dem Nachlass von Ilonay und Johann von Tscharner erweitert: Es kommen Skizzen, Fotografien und Korrespondenzen hinzu. Darüber hinaus enthält der Teilnachlass Presseartikel, Einladungskarten und Publikationen, die das Œuvre der Tscharners ausführlich dokumentieren.

Zusammen ergeben die beiden Teilnachlässe ein umfassendes Bild des Künstlerpaares, wobei der Fokus primär auf Johann von Tscharner liegt. Dennoch geben die beiden Bestände reichlich Aufschluss über die Künstlerin Ilonay von Tscharner, der bislang wenig Beachtung von der kunstgeschichtlichen Forschung geschenkt wurde. In diesem Zusammenhang sind einerseits die Werkabbildungen, andererseits ihre autobiografischen Aufzeichnungen zu nennen, die über die Erlebnisse im Ersten Weltkrieg berichten und ihren Weg zur Malerei schildern.

Signatur

SIK-ISEA, Schweizerisches Kunstarchiv, HNA 303
SIK-ISEA, Schweizerisches Kunstarchiv, HNA 304

Konzeption und Durchführung

Michael Schmid, lic. phil., Projektleitung
Nora Kehli, Mitarbeiterin Schweizerisches Kunstarchiv, Einführungstext und Auswahl Dokumente

Kontakt

Schweizerisches Kunstarchiv
T +41 44 388 51 04

 

Publiziert am 14.08.2019